Mitgliedermeinung: Blinder staatlicher Aktionismus gefährdet die Akzeptanz der Menschen

Mitgliedermeinung von Johannes Steinbach, Vorsitzender der Jungen Liberalen Halle (Saale).

Seit vergangenen Donnerstag gilt in der Altstadt von Halle eine allgemeine Maskenpflicht. Begründet wird diese Maßnahme mit den stetig steigenden Infektionszahlen. Mit über 14.000 neu-Infizierten hat Deutschland auch heute wieder einen Rekordwert erreicht. Die Stadt Halle steht dagegen mit 28,1 Infizierten pro 100.000 Einwohner noch vergleichsweise gut dar.

Es ist unstrittig, dass eine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch im Einzelhandel sinnvoll und verhältnismäßig ist. Quasi an all den Orten, an denen keine Abstände zu anderen Personen eingehalten werden können und auch Kontakte nur schwer nachzuvollziehen sind. Hier kann mit einem recht geringem „Aufwand“ viel erreicht werden. Das versteht der überwiegende Teil der Bevölkerung auch. Und viel wichtiger, er akzeptiert es. Nur noch selten sieht man in der Bahn oder im Supermarkt andere Menschen, die aus Trotz ihre Maske nicht tragen.

Als am vergangenen Mittwoch jedoch die Maskenpflicht für die gesamte Altstadt verkündet wurde, kam dafür bei dem überwiegenden Teil der Bevölkerung wenig Verständnis auf. Verständlich. Denn als ich die letzten beiden Tage über den Markt und andere Teil der Altstadt gelaufen bin, wurde auch mir bewusst, wie absurd diese Maßnahme ist. Auf den Bürgersteigen läuft man innerhalb einer Sekunde an einer anderen Person vorbei. Auf dem Marktplatz kann man anhand seiner Größe gar allen Personen mit größeren Abständen aus dem Weg gehen. Zudem ist Halle nicht grade dafür bekannt, dass in den Gassen enges Gedränge herrscht und Abstände nicht eingehalten werden können. Ich würde daher behaupten, dass es unter diesen Umständen quasi unmöglich ist, eine andere Person zu infizieren. Zumindest gibt es keine Studie oder wissenschaftliche Aussage, die das Gegenteil beweist.

Kritischer wird es aber an einem anderen Punkt. Stellen Sie sich doch mal vor, Sie laufen die fast menschenleere kleine Ulrichstraße entlang und sind verpflichtet, eine Maske zu tragen. Andernfalls droht Ihnen ein Bußgeld. Dann schauen Sie in die Fenster der randvollen Bars und Kneipen, bei denen teilweise bis zu zehn Personen eng an eng an einem Tisch sitzen und gemütlich den Abend verbringen. Spätestens jetzt würde ich mich fragen, warum ich eigentlich grade eine Maske tragen muss.

Wenn der Staat die Freiheit der Bürger einschränkt, muss er dies immer begründen. Und ja, auch das Tragen einer Maske an verschiedenen Plätzen ist (wenn auch nur ein sehr geringer) Eingriff in die persönliche Freiheit jedes Einzelnen. Eine schlüssige Begründung, warum das Tragen an von Masken in der Altstadt tatsächlich notwendig ist, gibt es meiner Ansicht nach jedoch nicht. Es wird also eine Freiheit eingeschränkt, ohne das der Gesundheitsschutz tatsächlich damit gerechtfertigt werden kann.
Solche Situationen können jedoch für die Bekämpfung der Pandemie sehr gefährlich werden. Schon nach dem Kippen der Sperrstunde und dem Beherbergungsverbot von verschiedenen Verwaltungsgerichten der einzelnen Länder hatten viele Menschen das Gefühl, die Politik macht was sie will. An dem einen Tag wird etwas beschlossen, am nächsten Tag wird es von einem Gericht für rechtswidrig erklärt. Mit jeder einzelnen Gerichtsentscheidung schwindet das Vertrauen der Bürger in die Politik und damit auch die Akzeptanz für die verhängten Maßnahmen.

Kommen wir nun wieder zur Maskenpflicht in der Altstadt. Prinzipiell klingt das nach einer eher unspektakulären Maßnahme. Jedoch kann es genau die Maßnahme sein, die bei einem Teil der Bevölkerung das letzte Bisschen Akzeptanz schwinden lässt. Viele Menschen hatten dieses Jahr enorme wirtschaftliche Existenzängste, konnten ihren Urlaub nicht machen, konnten eventuell geliebte Familienmitglieder in Alten- und Pflegeheimen nicht besuchen und haben auch immer noch eine extrem unsichere Zukunft vor sich.
Wenn die Menschen jetzt noch das Gefühl bekommen, es handelt es sich um blinden staatlichen Aktionismus, bildet sich schnell eine Trotz-Reaktion. Für einen Menschen, der nach Freiheit strebt, ist das auch völlig okay. Man sollte immer und zu jedem Zeitpunkt staatlichen Handeln kritisch hinterfragen. Was wir aber aktuell brauchen, sind keine Trotz-Reaktionen, sondern dass wir uns alle an die wirksamen Maßnahmen halten.

Für die kommenden Monate ist es also allen politischen Handlungsträgern geraten, lediglich transparente und nachvollziehbare Maßnahmen unter der Einbindung der Parlamente zu verhängen. Blinder Aktionismus im Stil von möglichst vielen Maßnahmen hilft niemanden weiter.
Wir brauchen einen breiten Meinungsaustausch über die Maßnahmen, um die Akzeptanz der Menschen weiterhin zu behalten bzw. wieder zu gewinnen. Nur so schaffen wir es ohne größere Schäden durch die kommenden Monate.